Stiefkindadoption auch für unverheiratete Paare

Stiefkindadoption auch für unverheiratete Paare

Stiefkindadoption auch für unverheiratete Paare 1920 1126 ADSR Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

BVerfG, Beschl. vom 26.03.2018 – Az. 1 BvR 673/17:

Der vollständige Ausschluss der Stiefkindadoption allein in nichtehelichen Familien verstößt gegen Artikel 3 Abs. 1 GG. Es ist mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgebot nicht vereinbar, dass der Stiefelternteil in nichtehelichen Stiefkindfamilien die Kinder des anderen Elternteils nicht adoptieren kann, ohne dass die Verwandtschaft der Kinder zu diesem erlischt, wohingegen in einer ehelichen Familie ein solches Kind gemeinschaftliches Kind beider Eltern werden kann.

Nach derzeitiger Rechtslage ist eine zur gemeinsamen Elternschaft führende Stiefkindadoption nur möglich, wenn der Stiefelternteil mit dem rechtlichen Elternteil verheiratet ist, während der Stiefelternteil in nichtehelichen Stiefkindfamilien die Kinder des rechtlichen Elternteils nicht adoptieren kann, ohne dass die Verwandtschaft der Kinder zu diesem erlischt (§ 1754 Abs. 1 und Abs. 2 und § 1755 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB). Das Kind hätte dann nur noch den Stiefelternteil als rechtlichen Elternteil, was typischerweise nicht im Interesse der Beteiligten liegt. Die Stiefkindadoption ist dadurch nach geltendem Recht in nichtehelichen Familien faktisch ausgeschlossen. Zwischen dem nicht verheirateten Stiefelternteil und dem Kind bestehen keine besonderen gesetzlichen Rechtsbeziehungen. Das gilt auch dann, wenn der Stiefelternteil mit dem anderen Elternteil und dem Kind in sozial-familiärer Beziehung lebt. Der nicht verheiratete Stiefelternteil ist weder sorgeberechtigt noch -verpflichtet. Auch nach dem Tod des rechtlichen Elternteils oder einer Trennung bestehen im Stiefeltern-Kind-Verhältnis, abgesehen von der nach § 1685 Abs. 2 BGB möglichen Umgangsregelung, keine besonderen gesetzlichen Rechtsbeziehungen.

Das BVerfG hatte die Verfassungsbeschwerde einer Familie zu entscheiden, die genau vor diesem Problem stand. Der Mann hatte gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin die Adoption ihrer leiblichen Kinder begehrt. Der leibliche Vater der Kinder war 2006 verstorben, seit 2007 lebt die Mutter mit ihrem Lebensgefährten zusammen. 2009 wurde ein gemeinsamer Sohn geboren. Da die Mutter nicht auf ihre Witwenrente, die einen wesentlichen Teil ihrer Existenzgrundlage ausmacht, verzichten wollte, beschloss das Paar, nicht zu heiraten.

Die gemeinsame Adoption blieb den beiden daraufhin verwehrt. Auch vor dem Bundesgerichtshof (BGH) hatte das Paar keinen Erfolg. Der BGH begründete seine Entscheidung mit der Gesetzeslage, die eindeutig sei und keine andere Auslegung zulasse. Der XII. Zivilsenat am BGH hielt die Normen auch nicht für verfassungswidrig – der Gesetzgeber handele innerhalb seines Ermessensspielraums, wenn er die Stabilität einer Beziehung an der rechtlichen Absicherung der Partnerschaft festmache.

Das BVerfG sah das jedoch anders und hob die Entscheidung auf. Zwar liege für sich genommen keine Verletzung des Eltern- oder Familiengrundrechts oder eine Verletzung des Rechts der Kinder auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung vor. Die derzeitige Rechtslage führe aber zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung von Kindern in nichtehelichen Stiefkindfamilien gegenüber Kindern in ehelichen Stiefkindfamilien.

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